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Cidre ist zurück

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Cidre erfreut sich seit einigen Jahren immer grösserer Beliebtheit. Oder: Cidre ist zurück. Doch warum? Woher kommt Cidre? Wie wird Cidre hergestellt? Alles lässt sich nicht vollumfänglich erklären, dafür gibt es einfach zu viel zu erzählen. Aber lass es mich versuchen. Nur um nicht mit einer Verwirrung zu beginnen, die Rede ist von Fruchtwein aus Äpfeln oder Birnen, denn je nach Produktionsgebiet trägt das Säftlein einen anderen Namen. 

Cidre, Sidra, Cider, Viez – eine kleine Namenskunde

Etymologisch ist die Herkunft von Cidre nicht ganz klar. Man geht davon aus, dass der Name vom lateinischen „sicera“ stammt, welcher wiederum vom hebräischer „shekar“ abgeleitet sein soll. Auch die im deutschen und luxemburgischen Mosel-Saargebiet geläufige Bezeichnung „Viez“ soll eine lateinische Wurzel haben. Es soll von „vice“ abstammen, was so viel bedeutet wie „an Stelle von“. Das gibt schon eine leichte Ahnung, welchen Stellenwert Apfelwein oder Öppelwöi, wie er im Hessischen heisst, früher innehatte. Der Einfachheit halber einigen wir uns auf Cidre als Begriff, sonst fallen wir noch in die Äpfel („tomber dans les pommes“). Denn quer durch ganz Europa lassen sich die unterschiedlichsten Namen finden, z. Bsp. den Jabolčnik in Slowenien, Sidra in Asturien, Sagardoa im Baskenland oder natürlich Suure Moscht. Die vielen Namen stehen zwar alle für Apfelweine, aber die Geschmäcker sind gleichsam so verschieden wie die Namen.

Was in der Antike begann

Wie du den Wortherkünften schon entnehmen kannst, wurde bereits in der Antike Apfelwein hergestellt. Vermutlich war das Endprodukt nicht ganz mit dem heutigen Cidre zu vergleichen, denn die Apfel- und auch Birnensorten waren nicht ganz die gleichen wie die heutigen. Zur Herstellung wurden eher Wildapfelsorten genutzt. Es handelte sich um Äpfel, die nicht zum Verzehr geeignet waren, wohl aber um ein Getränk herzustellen, für das nicht edle Trauben oder nahrhaftes Korn geopfert werden musste. Dieser Umstand und unterschiedliche etymologische Herleitungen legen nahe, dass das Getränk wohl als Ersatz für Wein oder Bier im Alltag herhalten durfte. 

Im Frühmittelalter wurde, insbesondere in Frankreich, der Anbau von Holzapfelsorten (Malus sylvestris) für die Herstellung des unterdessen im Alltag komplett integrierten Getränks weiter vorangetrieben. Diese Kultivierung bedarf wenig Arbeitskraft oder -zeit und ist mehrjährig, mit regelmässigen Erträgen. Der Trend setzte sich im 10./11. Jahrhundert in ganz Europa fort, was sich noch heute an Ortsnamen ausmachen lässt. Wenn du also nächstes Mal bei einem „Affoltern“ vorbeikommst – der Name stammt vom Apfelbaum. Die Popularität sei so gross gewesen, dass es als das zweit meist getrunkene Gärgetränk zu dieser Zeit gilt.

Im 13./14. Jahrhundert bemühte man sich, die Apfelsorten zusehends für die Produktion von Cidre zu verbessern und die Bedeutung als populäres Getränk stieg weiter an. 

Mit der Optimierung des Getreideanbaus, diversen Kriegen, welche mehrjährigen Kulturen auf weiten Flächen selten zuträglich sind, insbesondere nach Flächenbombardements wie im 2. Weltkrieg, gewann das Bier immer stärker an Bedeutung und der Cidre geriet in weiten Teilen Europas fast gänzlich in Vergessenheit. Korn wächst einfach schneller als Apfelbäume.

Äpfelchen in die Flasche

Die Herstellung ist verhältnismässig einfach. Du brauchst Äpfel, nach Möglichkeit kleine, feste Holzäpfel, aber auch gängige Mostsorten eignen sich gut. Je grösser die Anzahl an Sorten, desto besser. Die Äpfel werden zu einem Brei verarbeitet, sei es durch grosse Trommelraffeln, Mühlsteine oder Häcksler. Anschliessend wird die Apfelpampe für einige Stunden mazeriert. Die Dauer variiert nach Region und Tradition zwischen 2-4 Stunden bis zu einem ganzen Tag. Dabei knabbern einige Enzyme (bspw. Pektin-Methyl-Esterase) am Pektin der Apfelstückchen und sorgen so für mehr pressbaren Saft. Ausserdem kann durch die leichte Oxidation der Pampe dem Cidre eine starke Bitterkeit und Adstringenz genommen werden. Auch wird die Farbe dadurch etwas dunkler. Wenn du also einen sehr hellen Cidre trinkst, kann das ein Indiz für eine eher kurze Mazeration sein. Der Schritt der Mazeration ist indes nicht zwingend nötig. 

Der Apfelbrei wird anschliessend gepresst. Dabei können unterschiedliche Presstypen zum Einsatz kommen, von Korbpressen über Pressen, für die abwechselnd Stoff, Stroh- oder Holzmatten und Brei geschichtet werden. 

Der so gewonnene Most wird anschliessend vergoren. Je nach angestrebtem Endprodukt, kann die Gärung einige Monate in Anspruch nehmen für einen Cidre, der brut, also trocken, sein soll. Der anfängliche Zuckergehalt gibt vor, wie stark der fertige Cidre wird. Gehen wir mal von ca. 140 g Zucker pro Liter aus (das ist mit heimischen Äpfeln in etwa zu erwarten), wird der fertige ausgegorene Cidre ca. 7%Vol Alkohol produzieren. Die restsüssen Varianten, werden entsprechend weniger Alkohol, dafür eben mehr Zucker besitzen. 

In den meisten Fällen wird der Cidre in Flaschen zur zweiten Gärung und damit der Kohlensäurebildung in Flaschen abgefüllt. In einigen Regionen bevorzugt man auch mal stillen Apfelwein.

Welcher Apfel für welchen Cidre?

Grundsätzlich eignen sich alle möglichen Apfelsorten für die Cidreproduktion. Doch häufig sind die etwas saureren und bitteren am besten geeignet. Also in der Regel richtig alte Sorten. Einer meiner persönlichen Favoriten ist der Sauergrauech. Mit solchen lässt sich auch mal ein reinsortiger Cidre machen, denn der überwiegende Teil der Cidreproduktionen besteht aus mehreren Sorten, um ein möglichst komplexes und ausgewogenes Endprodukt zu erhalten.

Wo geht die Reise hin?

Dank der Craftbeer- und Naturweinszene trauen sich immer mehr Leute an das leckere Säftchen ran. Die Vielfalt wird dadurch sicherlich profitieren und lokale, kleine Produzenten dürfen sich in Zukunft Vorteile aus ihrer Verwurzelung erhoffen. Doch sollte man die traditionellen Herstellungsregionen nicht ausser Acht lassen, die trotz aller Widrigkeiten in der Normandie, der Bretagne oder Asturien ihr Handwerk gepflegt und ihre Traditionen aufrechterhalten haben. So ist es wie bei den meisten Cidres: je mehr Varietät, desto besser.

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