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Von Zapfen – Kork und alles andere

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Du magst dich wohl fragen, ob wir dich veräppeln wollen, wenn wir jetzt über Flaschenverschlüsse reden. Das Thema mag banal wirken, weil die Alltäglichkeit von Verschlüssen nur durch deren Selbstverständlichkeit übertroffen wird. Denn klar ist,  wenn du was in eine Flasche packst, musst du dafür sorgen, dass das nicht mehr raus kann. Weinenthusiast:innen interessiert hingegen noch mehr, was und vor allem wie viel rein, respektive nicht rein kann. Dafür stehen eine Reihe von Materialien zur Verfügung, von Naturkork über geschäumten Plastik bis hin zu Glas. 

Die Flasche von hinten aufsatteln

Ein grosser Topos in der Weinherstellung gründet auf dem Wechselspiel zwischen Reduktion und Oxidation. Die präzisen, technischen Aspekte werden wir sicher in einem späteren Beitrag mal erklären. Daher nur kurz: Die Dosis macht das Gift. Bekommt ein Wein in zu kurzer Zeit zu viel Sauerstoff ab, verbrennt quasi ein Grossteil seiner Frucht- und frischen Aromatik – der Wein verwelkt. Bekommt er hingegen gar keinen Sauerstoff ab, wird er reduktiv, was in einem sehr verschlossenen Wein endet. Hier wirst du dann nur noch Bitterkeit und Säure wahrnehmen, die Frucht bleibt verschlossen – wie die Knospe einer Blume. Die Herstellung eines Weins braucht daher in ganz spezifischen Momenten minimale Mengen an Sauerstoff. Diese Menge kann unter anderem davon abhängen, wie der Wein in der Flasche eingeschlossen wird. Wählt ein Hersteller einen Verschluss, der hermetisch dicht macht, sollte sein Wein nicht allzu reduktiv – also sauerstoffarm – sein. Damit der Wein bei dir zu Hause gut schmeckt, muss also schon bei der Herstellung auf den Verschluss geachtet werden.

Ein Zacken weniger im Kronkorken

In der Schaumweinproduktion ist der Verschluss schon während der Herstellung ein erheblicher Faktor. Für die zweite Gärung (siehe hierzu unseren Artikel zum Thema Schaumweine) wird die Flasche in den allermeisten Fällen mit einem Kronkorken verschlossen. Doch erst kürzlich hat man sich beim Champagnerhaus Ruinart wieder auf den Naturkorken mit Metallbügel besonnen. Lange Zeit vermutete man, dass die Durchlässigkeit des Naturkorks zu einer stärkeren, unerwünschten Oxidation führe. Bei den Versuchen Ruinarts wurde indes festgestellt, dass der Sauerstoffeintrag nur in den ersten drei bis vier Monaten hoch war und sich anschliessend auf mittlerem Niveau einpendelte. Bei den Flaschen mit Kronkorken diffundierte anfangs sehr wenig Sauerstoff in die Flasche. Doch nach sechs bis sieben Jahren drang bedeutend mehr Sauerstoff ein als bei den Naturkorkverschlüssen. Interessanterweise verwenden Gueuze-Brauer (belgisches, wildes Sauerbier) gleichzeitig Kronkorken und Naturkorken, möglicherweise mit dem Vorteil beider Welten.

Warum nur will der Sauerstoff in die Flasche?

Die Natur sucht von sich aus immer Wege, starke Konzentrationsunterschiede auszugleichen. Dieser Effekt der Diffusion macht einen wesentlichen Aspekt der ständigen Bewegungen in deiner direkten und fernen Umgebung aus. Im Falle des Weins ist die Flüssigkeit eine sauerstoffarme Lösung, die in einer Flasche von der sauerstoffreichen Umgebung abgeschottet wird. Dadurch entsteht sogenannter osmotischer Druck. Es ist also unausweichlich, dass sich Gase am Verschluss vorbei zwängen wollen.

Ein Stück Baum als Türsteher

Offenbar kann die Semipermiabilität von Naturkork einen durchaus positiven Einfluss auf die Reifung der geschätzten Tropfen haben. Doch mit immer kürzeren Lagerungszeiten und früher Trinkfreude entscheidet man sich immer öfter für Schraubverschlüsse, gerade für Weine, die von ihrer Frische leben. Die äussere Kapsel aus Aluminium, ist dabei nur für den Endkonsumenten entscheidend, weil sich die Flasche einfacher öffnen lässt. Den Winzer interessiert vielmehr das Innenleben, genauer die Einlage (meist aus Polyvinyledinechlorid PVDC) in der Kapsel. Insbesondere in Neuseeland und Australien wurde viel experimentiert, um die richtigen Materialeigenschaften zu entwickeln, um den Sauerstoffeintrag genau so zu regulieren, dass der Wein zwar geschützt ist, aber nicht erstickt oder eigenartige, reduktive Nebentöne entwickelt.

Das Pfropfenarsenal

Neben Naturkork und Schraubverschluss werden noch andere Materialien genutzt. Korken aus Schaumstoff (genauer Polyethylen mit geringer Dichte LDPE) sind insbesondere bei Weinen beliebt, die jung getrunken werden und durch farbigen Kork auffallen sollen – wie einige Rosés in transparenten Flaschen. Diese Korken sind bedeutend poröser, haben aber den Vorteil den Kundenwunsch nach Korkennostalgie zu bedienen und dabei die Gefahr des Korkgeschmacks zu eliminieren. Seltener sind Glaszapfen, die mit einem kleinen Plastikring versehen ausserordentlich dicht abschliessen. Noch seltener bei Stillweinen werden Kronkorken verwendet, wie das z.Bsp. Pierre Frick im Elsass macht. Wer auf Naturkork nicht verzichten, aber das Risiko eines Korkfehlers nicht eingehen möchte, kann auf DIAM-Korken zurückgreifen. Diese Korken bestehen aus granuliertem Naturkork, der unter Druck und Hitze mit Kohlendioxid behandelt und anschliessend zusammengeklebt wird. Ein paar wenige Sommeliers vermuten jedoch, dass diese Art Kork ein eigenes Aroma abgeben soll. Der ökologische Fussabdruck bleibt am kleinsten beim einfachen Naturkork und ist am grössten bei Schraubverschlüssen.

Sehet die Zeichen

Der Verschluss einer Weinflasche kann dir beim Kauf so einiges verraten und dir Hinweise auf die Stilistik des Weins als auch die Hintergedanken des Herstellers geben. Je nachdem, wonach dir ist, ob du Weine lieber runder ausreifen lassen möchtest oder auf mehr Knack auch im höheren Alter stehst, kann die Wahl des Verschlusses relevant sein. Bei Kunststoffkorken solltest du in der Regel nicht allzu sehr auf eine Lagerung setzen und die Weine schnell mal aufmachen. Schraubverschlüsse sind teilweise immer noch verpönt, können jedoch auf einen akribischen und durchdachten Herstellungsprozess hinweisen. Hier muss man seine Vinifizierung anpassen und die richtige Einlage finden. Wie immer gilt: Neugier und Freude am Probieren.

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