Gustinella

Gustinella liegt in Maletto, einem Dorf an der Nordwestseite des Ätna auf Sizilien. Die Landschaft wird von der Spitze des Ätna dominiert; sein schneebedeckter Gipfel leuchtet gegen die schwarzen Lavahänge darunter. Maletto liegt auf 960 Metern: eines der höchsten Dörfer Siziliens und das höchste am Ätna.

Sonia Gambino wurde in Mailand geboren, aber ihre Familie stammt aus Maletto. Ihr Großvater, Gustinello, leitete hier den örtlichen ‘Palmento’: einen Ort, an dem die Einheimischen ihre Trauben brachten, um Wein für den eigenen Verbrauch herzustellen.

Als junge Erwachsene studierte Sonia an der Universität für Gastronomische Wissenschaften in Polezzo und spezialisierte sich später auf Weinbau und Önologie in Montpellier. Trotz des reichen Wissens, das sie aus ihrem Studium gewonnen hatte, vermisste sie eine Verbindung zur praktischen Seite des Weinanbaus und der Weinherstellung und beschloss, nach Marsala auf Sizilien zu gehen, um mit dem Winzer Nino Barraco zu arbeiten.

Drei Monate später traf die Pandemie ein und plötzlich fand sich Sonia ohne Vorwarnung in ihrem Familienhaus in Maletto wieder, neben einem kleinen Bahnhof mit Blick auf das Tal im Nordwesten. Ohne einen konkreten Plan, aber unerwartete Zeit zur Verfügung, begann sie, am Haus zu arbeiten und Gemüse anzubauen. In ihren Worten folgte sie einfach “der Linie, die für sie da war”; ein Weg, der sie schnell zur Weinherstellung führte.

Die Bahngleise, die an den Garten grenzen, waren leer, der Verkehr durch die Pandemie zum Stillstand gekommen. Ein älterer Dorfbewohner machte hier seinen täglichen Spaziergang und beobachtete, wie das Gemüse unter Sonias Pflege zum Leben erwachte. Aus diesen kleinen Ritualen begann langsam ein Gespräch, und eines Tages erwähnte der Mann, Don Vincenzo, dass er selbst einen Garten habe, den er nicht mehr besuchen könne; eingeschränkt durch sein Alter und unfähig zu fahren.

Sonia stimmte zu, ihn mit ihrem Auto zu seinem Garten zu bringen. Sie entdeckte ein vielfältiges Paradies aus Trauben und anderen Früchten, übersät mit Frühlingsblumen, und verliebte sich sofort in den Ort. Die Reben blieben in ihrem Kopf, und sie fragte Don Vincenzo, ob sie Wein aus seinen Trauben machen könne – was er früher selbst getan hatte. Die Antwort war ja, mit einer Bedingung: 365 Flaschen pro Jahr wären für seinen eigenen Genuss, denn er trinkt täglich eine Flasche.

Die Nachricht verbreitete sich, und bald kamen andere Einheimische aus der älteren Generation zu Sonia und fragten, ob sie dasselbe mit ihren Reben tun könne. Heute hat sie verschiedene Vereinbarungen mit vielen Menschen aus dem Dorf; einige Grundstücke vermietet sie, auf anderen bewirtschaftet sie die Trauben und kauft sie ein, und wieder andere erhalten Wein als Teil des Austauschs. Ohne dass es je ihre Absicht war, findet sich Sonia nun in derselben Gemeinschaft wieder, in der auch ihr Großvater, Gustinello, gelebt und gearbeitet hat.

Im Gegensatz zum benachbarten Dorf Randazzo und anderen auf der Nordseite des Ätna gehört Maletto nicht zur Etna DOC, sondern ist stattdessen für den Anbau von Erdbeeren bekannt. Die Kombination aus Höhenlage und lokalem Klima ist für bekannte Ätna-Sorten wie Nerello Mascalese ungünstig, was zu einer Mischung von Trauben führt, die sich von denen im Norden und Osten unterscheidet. Im frühen 19. Jahrhundert versuchte Horatio Nelson, ein britischer Admiral und Herzog, die Gegend als Weinbauregion zu etablieren, indem er Sorten pflanzte, die die lokalen Bedingungen besser verkraften können, wie Grenache und viele andere.

Die Vielfalt der Trauben, mit denen Sonia arbeitet, zeigt Spuren dieser Geschichte. Sie arbeitet mit 12 verschiedenen Parzellen auf 2 Hektar, darunter Sorten wie Grenache, Syrah, Alicante Bouschet und Grecanico Dorato. Es gibt auch viele andere, von denen sie einige noch nicht identifiziert hat; manchmal trennt sie diese Trauben bei der Ernte und studiert sie, um ihre Qualitäten und Eigenschaften langsam zu erlernen. Die Reben werden nach der traditionellen ‘albarello’ (gobelet) Methode des Ätna trainiert, und die verschiedenen Sorten wachsen durchmischt, auch mit Obstbäumen, Wildkräutern und Gemüse. Die meisten Parzellen liegen in großer Höhe, etwa 1100 Meter über dem Meeresspiegel.

Wie überall am Ätna wurde hier schon immer viel Wein in kleinem Maßstab für den Eigenverbrauch hergestellt, und die Weinberge sind unglaublich gesund, wenig oder gar nicht durch die Chemikalien und Maschinen beschädigt, die mit der Großproduktion einhergehen. Es gibt hier eine Fülle von Wissen und Erfahrung im Umgang mit dem Land, das in den Köpfen der älteren Generationen bewahrt wird und nun an neuere Winzer wie Sonia weitergegeben wird. Dies steht im starken Kontrast zu Deutschland und vielen anderen Weinbauregionen, wo naturbelassene Winzer oft mit Skepsis und Misstrauen von früheren Generationen behandelt werden und hart arbeiten müssen, um ihre Böden zu regenerieren.

Die Produktion wächst langsam, bleibt aber klein. Sonias erste Ernte war 2020. 2021 wurden 3600 Flaschen hergestellt,knapp 6000-7000 im Jahr 2022.